Schönhauser Allee 69

Information

Tauschpartner

Hausgemeinschaft Schönhauser Allee 69
Schönhauser Allee 69
10437 Berlin
Deutschland
https://schoenhauser.home.blog

Klinke aus

Hausgemeinschaft Schönhauser Allee 69
Berlin
Deutschland

Einbauort

Raum-Nummer: 8.13


Unsere Türklinke hatte über viele Jahrzehnte gemeinsam mit den Bewohner:innen ein friedliches Dasein in der Schönhauser Allee 69. Jetzt aber, im Jahr 2021.,kommt im Zuge der Modernisierung des Hauses alles in Bewegung. Diese Klinke, ebenso wie wir verbliebenen 9 von ehemals 18 Langzeit-Mietparteien sind der systematischen Verdrängung aus ihrem Wohnraum ausgesetzt.

Die Schönhauser 69 ist einerseits exemplarisch für Gentrifizierung in Berlin, andererseits ein Extrembeispiel, da hier alle Register der Entmietung gezogen werden. Hier findet Verdrängung mit System seitens eines Großkonzern-Netzwerks statt. Unser Wohnraum ist nur noch Ware und der Bezirk unternimmt nichts um seine Langzeitbewohner:innen zu schützen und die soziale Struktur im Kiez zu erhalten.

Schönhauser Allee 69, 10437 Berlin

Unser Haus ist eines von vielen ehemaligen Restitutionsobjekten im Prenzlauer Berg mit einem Sanierungsruückstau seit den 60er Jahren. Das Haus wurde 2016 an eine neu gegründete Objektgesellschaft verkauft. Deren verworrenes Eigentümer-Netzwerk führt teils zu einer Briefkastenfirma auf Zypern und fügt sich dort in die Struktur eines großen Immobilienkonzerns ein.

Nach dem Verkauf startete für die Schönhauser 69 die übliche Verwertungsmaschinerie zu Luxus-Eigentumswohnungen. Alle Genehmigungen zu Umwandlung, Teilung und Modernisierung wurden von den Ämtern teils ohne die erforderlichen Prüfungen erteilt. Daher wurden wir Mieter Ende 2018 (kurz vor der Gesetzesänderung) mit einer völlig überzogenen und fehlerhaften Modernisierungsankündigung – die eine Mieterhöhung von +250% forderte - konfrontiert. Die Eigentümer haben mit dieser Ankündigung erstmals deutlich gemacht, dass wir ihre Pläne stören und sie uns loswerden wollen.

Seitdem haben wir verbliebenen Mieter:innen der 69 uns organisiert, wurden eine solidarische Hausgemeinschaft - wir sind ,,Katze zeigt Kante“! Wir wehren uns gegen Klagen, Entmietung und jahrelangen Leerstand und leben mit fortdauernden Repressalien seitens der Eigentümer wie die Abholzung aller Bäume im Hof, monatelangen Sperrmüllhaufen, aufgebrochenen Briefkästen, massiver Ignoranz der Hausverwaltung, chaotischen und destruktiven Baumaßnahmen und Spaltungsversuchen unserer Gemeinschaft durch Verleumdung einzelner Mieter.

Das Wohnen in der Schönhauser 69 wurde so systematisch weniger lebenswert gemacht, Ruhe & Sicherheit sind Vergangenheit. Wir gehen damit um und bleiben trotzdem, wir halten an unserem Zuhause fest! Viele von uns haben keine Alternative und viele von uns haben genug Wut & Mut sich gegen Verwertungsmaschinerie und Gesetzeslücken zu wehren, zu dokumentieren, zu informieren.

Aktuell im Herbst 2021

Durch unseren Zusammenhalt und die Unterstützung unserer Anwält:innen haben wir nach 3 Jahren erkämpft, dass die Pläne zur Sanierung des Hauses mit uns und nicht gegen uns gemacht werden. lm September 2021 konnte endlich eine Modernisierungsvereinbarung geschlossen werden, die einige Eckdaten rechtsgültig regelt und somit uns Mietern eine Perspektive für die verbleibenden Jahre in der Schönhauser 69 geben soll. Trotzdem sind wir Mieter angezählt, werden wohl in einigen Jahren aufgrund von Verkauf und Eigenbedarfskündigung unser Zuhause verlieren, da für unser Haus die Umwandlung von einem Mietshaus in einzelne Eigentumswohnungen vollzogen ist.

Mit Unterzeichnung der Modernisierungsvereinbarungen haben die Bauarbeiten begonnen. Wir Mieter:innen sind hoffnungsfroh in diese unausweichliche nächste Etappe gestartet, doch die bisherigen Baumaßnahmen lassen leider schon wieder an der Vertrauenswürdigkeit und Kompetenz unserer Vertragspartner zweifeln. Wie ernsthaft die Vermieter sich an die Vereinbarungen halten werden bleibt abzuwarten. Wir wissen, dass wir einen ebenso langen Atem brauchen wie bisher, und sehr viel Zeit, Arbeit und Nerven in unser Haus investieren müssen.

Die massiven Baumaßnahmen sind für einen Zeitraum von eineinhalb Jahren angesetzt. Es wäre schön, wenn wir Mieter (und unsere neue Türklinke) danach auch wirklich wieder zur Ruhe kommen können und nicht in einer jahrelangen Dauerbaustelle leben müssen.

Kampf, Perspektive & Utopie

Wir engagieren uns inzwischen aus Prinzip, sind in stadtpolitischen Initiativen aktiv und versuchen dazu beizutragen, dass sich die angespannte Wohnungslage in Berlin massiv verbessert. Aktuell sind wir Spielball der Profitgier- wir sind Beispiel dafür, dass Gesetze fehlen, die die Bewohner:innen der Stadt vor Spekulation schützen.

Unsere ,,Heuschrecke" erzielt außer mit tausenden Wohnimmobilien weitaus größeren Profit mit Gewerbe & Hotels, betreibt Share Deals, ist verantwortlich für spekulativen Leerstand und hält sich in vielen Fällen erwiesenermaßen nicht an den Grundsatz ,,Eigentum verpflichtet". Hier muss enteignet werden, Vergesellschaftung ist eine Lösung.

Sicheres Wohnen muss seinen angemessenen Stellenwert in der Stadtentwicklung erhalten! Wir kämpfen für einen heterogenen lebendigen Kiez, seine Anwohner und Versorger, für sozial Schwache und alternative Lebensmodelle. Der Kampf um faire Mieten ist der Kampf für eine vielfältige Gesellschaft.

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