Detailansicht Klinken

Die sogenannte Wiesenburg wurde 1896 als Asyl für Bedürftige durch den damaligen ‚Berliner Asylverein für Obdachlose‘ eröffnet. Das 12.500m2 umfassende Gelände erstreckte sich entlang der ‚Panke' und der 'Berliner Ringbahn' im Bezirk Wedding. Für bis zu 700 Männern bot das Asyl täglich ein Obdach. 1907 wurde das Frauenasyl mit 400 zusätzlichen Schlafplätzen eröffnet. Das Asyl verfügte jetzt über 1.100 Betten und bot Platz und Schutz für bis zu 400.000 Menschen im Jahr. Die Bedürftigen gaben dem Areal bald liebevoll den Namen Die Wiesenburg. Das Asylheim war ein Vorzeigeprojekt in der für Seuchen anfälligen Großstadt Berlin: Desinfektion, moderne Metallbetten, Bade- und Duschmöglichkeiten, sowie eine eigene Wäscherei waren damals einmalig. Die Bedürftigen erfuhren eine menschenwürdige Behandlung, sie durften das Asyl anonym betreten und verlassen und waren bis 1926 vor polizeilicher Kontrolle geschützt.

Der besondere Charakter der Wiesenburg zog seit seiner Gründung Künstler*innen, Schriftsteller*innen und Intellektuelle an. Unter ihnen befanden sich Kurt Tucholsky, Rosa Luxemburg, Erich Kästner, Hans Fallada und Wilhelm Voigt alias ‚Der Hauptmann von Köpenick‘. Die Wiesenburg wurde zum Ort für Milieustudien und bot auch für einige dieser Künstler*innen in Zeiten der Not ein Dach über dem Kopf.

Rosa Luxemburg soll sich, während sie von der Polizei verfolgt wurde, in der Wiesenburg versteckt haben. Die Polizei durfte zu diesem Zeitpunkt das Gelände nicht betreten. Stattdessen musste diese vor dem Haupteingang und vor dem Eingang des Frauenasyls Wache halten, um sie beim Herauskommen zu verhaften. Was die Polizei jedoch nicht wusste, war, dass es noch einen versteckten Ausgang gab - so gelang Luxemburg erfolgreich und ungesehen die Flucht. 

Die Wiesenburg hat sich in den letzten Jahrzehnten zu einem Kulturort für Kunst, Kultur, Handwerk, Bildung und Soziales gewandelt. Der 2015 gegründete Verein ‚Die Wiesenburg e.V.‘ setzt sich für eine nachhaltige, langfristige Entwicklung des Standortes ein und führt die interkulturelle,interdisziplinäre und generationsübergreifende Arbeit in den Kiez durch die ehemaligen Verwalter*innen weiter. Im August 2020 gründeten die Nutzer*innen die Genossenschaft ‚Die Wiesenburg Berlin eG‘ mit dem Ziel des Abschlusses eines langfristigen Nutzungsvertrags für das Areal und für die zukünftige Bewirtschaftung in Selbstverwaltung. Verein und Genossenschaft möchten das kulturelle und soziale Leben in der Stadt mitgestalten, bezahlbare Mieten für Kunst, Kultur, Soziales und Handwerk auf der Wiesenburg jetzt und für zukünftige Generationen sichern und den Bedarf des Gemeinwohls einschließen.

Es gibt einen Bezug zu Rosa Luxemburg selbst, die die Wiesenburg kurz vor ihrem Tode besucht hatte. Die historische Wiesenburg ist ein soziales Reformprojekt, das exemplarisch für die Idee des demokrtischen Sozialismus steht, wie sie die RLS vertritt.